“Das Leben muss weiter gehen.”, “Du musst nach vorne schauen.”, “Was? Du trauerst immer noch?”, ” Reiß’ dich mal zusammen!”, “Andere Menschen haben auch Probleme.”. Das sind nur einige der Aussagen, die sowohl mir, als auch anderen Trauernden entgegengebracht wurden.
Der Verlust selbst und die Trauer sind bereits große Herausforderungen, die du als Trauernde nach dem Tod eines geliebten Menschen für dich meistern musst. Eine weitere Herausforderung, die man gar nicht auf dem Schirm hat und erst dann zum Vorschein kommt, wenn etwas schlimmes wie ein Todesfall eintrifft, ist die Reaktion der Menschen um einen herum.
Einige haben “Glück” und erfahren große Unterstützung und Verständnis des Umfeldes. Doch nicht selten sprechen mich meine Klientinnen darauf an, dass Menschen, die sie bislang ihre besten Freunde nannten oder auch Menschen aus der eigenen Familie absolut kein Verständnis für die Art der Trauer und des Umgangs mit dem Verlust zeigen. Stattdessen mit Erwartungen an sie herantreten, die sie nicht erfüllen können oder möchten.
Ich selbst habe genau diese Erfahrung gemacht und einen langen und intensiven Leidensprozess durchlaufen. Weil ich diese Menschen und besonders ihre Reaktionen auf den Verlust und meine Trauer einfach nicht verstehen konnte, so sehr ich es auch versuchte, möchte ich in diesem Artikel aufklären, wie es dazu kommen kann, dass sich dein Umfeld dir gegenüber plötzlich so zu verändern scheint. Außerdem erzähle ich dir, wie ich es geschafft habe trotz dieser Erwartungen und Vorwürfe von außen bei mir selbst zu bleiben und dadurch meinen Weg finden und gestalten konnte.
Zu verstehen, warum dein Umfeld dich nicht versteht und so reagiert wie es reagiert, kann ein großes Stück dazu beitragen einen Umgang damit zu finden, der dir dient.
Ein Grund für das kollektive Unverständnis ist, dass ein essentieller Teil unseres Leben, nämlich die “Schattenseiten” wie Tod, Trauer, “negative” Gefühle als zu schmerzhaft und teilweise auch als lästig empfunden werden. Unsere Gesellschaft ist auf Leistung, Funktionalität und Rationalität ausgelegt. Die meisten von uns wurden so erzogen, dass wir ein funktionierender Teil der Gesellschaft sein können.
Für die meisten Menschen ist es schwierig auf einen Menschen einzugehen, der sich gerade nicht “im Griff” hat. Denn das bedeutet flexibel handeln zu müssen und mit dem Gegenüber Gefühle aushalten zu müssen, die sonst vielleicht eher verdrängt oder klein geredet wurden. Die meisten von uns sind schlichtweg nicht geübt damit umzugehen.
Dich nicht trösten zu können, nichts tun zu können, um das Geschehene zu ändern oder abzuwenden, können viele Menschen nicht akzeptieren. Leider führt das oft dazu, dass dann versucht wird, alles wieder in geordnete Bahnen zu bringen, um das Gefühl von Machtlosigkeit loszuwerden. Ja und manchmal führt das zu einem Kontaktabbruch.
Dich zu verstehen, sich in deine Lage zu versetzen, deine Gedanken und dein Handeln nachzuvollziehen ist für viele Menschen schlichtweg zu schmerzhaft. Sie können den Schmerz, den du gerade aushalten musst, nicht ertragen.
Um echte Freiheit in deinem Denken und Handeln, in deiner Trauer zu bekommen sind die folgenden Zeilen essenziell. Ich glaube nicht, dass man das mal eben so umsetzten und verinnerlichen muss und kann. Nimm die Gedanken mit auf deinen Weg und lass sie reifen.
Wie soll man etwas so schmerzhaftes nicht persönlich nehmen? Diese Frage habe ich mir selbst auch lange gestellt. Und ja, man könnte sagen, das ist die Königsdisziplin.
Doch wenn wir aus individualpsychologischer Sicht darauf schauen, können wir erkennen, dass die Art wie Menschen mit dir umgehen und was sie zu dir sagen, viel mehr mit ihnen selbst zu tun hat, als mit dir. Jeder Mensch bildet sich im Laufe seines Lebens Meinungen darüber, wie er oder sie selbst sein muss, um geliebt zu werden und eine Daseinsberechtigung zu haben. So reflektieren all die Ratschläge, Vorwürfe und Formen des Umgangs mit der Außenwelt vielmehr sich selbst. Jeder Mensch agiert aus bestem Wissen und Gewissen.
“Was Paul über Peter sagt, sagt mehr über Paul als über Peter.”
Vergebung ist niemals für den anderen, sondern immer für dich selbst. Vergebung ist anspruchsvoll und kommt sicher nicht aus dem Nichts. Versuche dich mit dem Gedanken anzufreunden, dem anderen irgendwann vergeben zu können.
Begib dich auf die Suche nach Menschen, die dich verstehen oder dich zumindest so nehmen, wie du gerade bist. Neue Bekanntschaften können oft besser damit umgehen, was dir geschah und wie du damit umgehst, weil sie nicht wissen, wie du vorher warst. Sie sehen nicht die Veränderung, die du gerade durchläufst, weil sie dich nicht von früher kennen. Ihnen fällt es dadurch leichter mit dir umzugehen, denn du bist einfach du.
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Podcastfolge zum Blogpost: Warum dein Umfeld kein Verständnis für deine Trauer hat