Trauer um einen geliebten Menschen ist die natürliche Reaktion auf den Verlust. Der Verlauf der Trauer, die Verarbeitung des Verlustes und den Themen und Herausforderungen, die damit einhergehen, können so individuell sein, wie der Trauernde selbst.
Ich will sagen, für die Verarbeitung der Trauer gibt es nicht den einen richtigen Weg. Es gibt kein Richtig oder Falsch.
Alles in allem empfinde ich es aus der Erfahrung mit meinen trauernden Klient*innen heraus und aus meiner persönlichen Erfahrung durch den plötzlichen Tod meines Papas als notwendig, die Trauer nicht dauerhaft zu verdrängen. Sie stattdessen zu durchlaufen und sich ihr gewisser Maßen hinzugeben und ihr zu vertrauen. Denn die Trauer ist der Heilungsweg unserer Seele.
Trauer und ihre Auswirkungen auf den Trauernden werden leider noch viel zu häufig als etwas angesehen, was verschwinden muss. So, als sei Trauer und die Reaktionen eines Trauernden eine Krankheit oder krankhaft. Dadurch, dass wir hier in unserer westlichen Kultur Themen wie Tod und Trauerverarbeitung tabuisieren und totschweigen, ist nahezu niemand geübt darin mit Trauer und Trauernden umzugehen. Wir haben es schlichtweg nicht gelernt.
So dürfen wir heute neu lernen, dass Trauer eine ganz natürliche Reaktion ist und diese Phase notwendig ist, um das Erlebte zu verarbeiten, die neue Situation akzeptieren zu lernen und den Tod, die Trauergefühle und den Verlust ins Leben zu integrieren.
Das erste Kapitel meines Buches heißt genau so: Du musst gar nichts! Und ich werde nicht müde das immer und immer wieder zu wiederholen. Du musst gar nichts!
Leistung steht in unserer Gesellschaft an oberster Stelle. Wir sind dann ein wertvoller Teil der Gesellschaft, wenn wir funktionieren. Wenn das Funktionieren plötzlich nicht mehr möglich ist – was durch einen Todesfall in den allermeisten Fällen passieren kann – versuchen leider viele den Trauernden dazu zu ermuntern nach vorne zu schauen, weiter zu machen und stark zu sein. Denn wir haben gelernt, nur wenn wir tun und vorankommen sind wir gut genug.
Doch in der Trauerverarbeitung kann es Phasen geben in denen äußerlich nichts passiert und innerlich eine Meisterleistung verbracht wird.
Niemand kann wissen, was du jetzt tun musst. Alles was du im Moment musst, ist atmen und den nächsten Moment überleben.
Trauer kann ganz schön verwirrend sein. Gerade schien es dir besser gehen und du dachtest, das gröbste sei überstanden und plötzlich findest du dich in einem Heulkrampf wieder? Das ist Trauer. Sie verläuft nicht linear von A nach B. Vielmehr verläuft sie in Wellen, kann plötzlich da sein und genauso schnell wieder gehen. Zweifle nicht an dir, wenn du das, was der Verlust mit dir macht, nicht verstehst und es auf und ab geht.
Der Trauerweg ist unser Heilungsweg nach einem Verlust. Das Wunderbare daran ist, wir können ihm vertrauen. Das scheint dir vielleicht erst einmal absurd, weil du sie so schnell wie möglich wieder loshaben möchtest. Doch die Trauer begleitet uns auf unserem Weg zurück ins Leben. Sie hilft uns nach und nach zu begreifen, was geschehen ist und das Erlebte einzuordnen. Traue dich deine Trauer und deine Gefühle zuzulassen. Du kannst dir vertrauen!
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