Schuldgefühle kennt so gut wie jeder. Das Konzept von Schuld und Unschuld, Täter und Opfer regelt unser Gesellschaftssystem und ist allgegenwertig. Wie ausgeprägt das Gefühl von Schuld ist, hängt jedoch stark von der Persönlichkeit, der Erziehung und den Erfahrungen jedes Einzelnen ab.
Besonders Trauernde leiden oft unter Schuldgefühlen, weil sie Dinge getan oder gesagt haben, die sie jetzt nach dem Tod des geliebten Menschen nicht mehr rückgängig machen können. Oder weil sie Dinge nicht getan oder gesagt haben, wofür jetzt keine Möglichkeit mehr besteht.
Ich selbst hatte auch diese Schuldgefühle meinem Papa gegenüber nachdem er verstorben war. Es gab da doch noch das ein oder andere, was ich ihm gerne noch gesagt, mit ihm gerne noch erlebt hätte. Und ja, es gab auch die ein oder andere Situation, die ich gerne hätte wieder gut machen wollen. Das ein oder andere Wort, das ich am liebsten unausgesprochen gemacht hätte. Ich musste lernen, wie ich meine Trauer und meine Schuldgefühle verarbeite, um wieder frei und glücklich zu werden.
Von klein auf sind wir konfrontiert mit Regeln und (moralischen) Verpflichtungen. Es gibt in der Gesellschaft Normen, wie man sich zu verhalten hat und Gesetze, die das Zusammenleben regeln. Wer diese Gesetzten, Regeln und Normen nicht einhält, wird bestraft.
Je nach Vergehen fällt die Strafe anders aus. Das Ziel dieser Strafen ist Reue. Wir sollen bereuen, was wir getan oder nicht getan haben und den Schaden wieder gut machen. Und somit ist die Schuld ausgeglichen.
Wahrscheinlich kennst auch du – wie 99,9% aller Menschen – den Glaubensatz “So wie ich bin, bin ich nicht richtig.” oder “Ich bin nicht gut genug.”
Und genau durch dieses Minderwertigkeitsgefühl, das wir uns im Laufe unseres Lebens angeeignet haben, entstehen solche Gefühle wie Schuld.
Dir wird bewusst einen Fehler begangen zu haben und du fühlst dich schuldig. Das Ziel liegt nun darin, aus der Starre der Schuld herauszukommen und deine Selbstachtung zurückzugewinnen.
Schuldgefühle
Schuldgefühle loszulassen kann nur dann funktionieren, wenn du dich ihrer annimmst. Im ersten Schritt geht es darum, das Gefühl von Schuld zuzulassen, zu hinterfragen, wo du einen Fehler in deinem Handeln siehst, den du hättest vermeiden müssen.
Wir alle sind Täter und Opfer. Wir sind Menschen. Mal werden wir ungerecht behandelt, mal behandeln wir jemand ungerecht. Niemand ist sein ganzes Leben lang nur Täter oder nur Opfer. Lass den Glauben los immer richtig liegen zu müssen und es jedem Recht machen zu müssen.
Es unmöglich so zu handeln, dass jeder glücklich und zufrieden mit dir ist. Und selbst wenn es möglich wäre, würdest du immer die wichtigste Person dabei vergessen. Dich selbst. Es ist möglich nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln. Es ist unmöglich perfekt zu handeln.
Um wieder frei zu werden, geht es darum das Schuldgefühl in Reue zu verwandeln. Ein wichtiger Schritt, der gerne übersehen wird. Was geschah, kannst du nicht rückgängig machen. Aber du kannst daran arbeiten anzuerkennen und zu akzeptieren, was du getan oder nicht getan hast, um die Verantwortung für dein Handeln zu übernehmen und dir schlussendlich zu verzeihen.
Wir verspüren Reue, wenn wir unseren Fehler erkennen, die Verantwortung dafür übernehmen, nach Wegen der Wiedergutmachung suchen und uns selbst verzeihen. Wenn wir bereuen können wir unser Gesicht wahren und unsere Selbstachtung zurückholen.
Komm ins Handeln. Tue, was du glaubst tun zu müssen, um deine Schuld zu begleichen. Entschuldige dich, mache ein Ritual, sprich mit jemandem. Und dann: vergib dir.
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